Vorweggenommene Erbfolge im deutsch-spanischen Verhältnis

Beitrag zum Thema Erbrecht

Auf Konfliktsituationen und Steuerfallen achten
Von Dr. Alexander Steinmetz und Dr. Burckhardt Löber

Es gibt zwei Arten von Erblassern. Die einen wollen nicht nur testamentarisch, sondern schon zu Lebzeiten durch Vornahme entsprechender Übertragungen alles vermögensmäßig geregelt haben. Das nennt man vorweggenommene Erbfolge, im Klartext Schenkung unter Lebenden. Das Prinzip der anderen Kategorie dagegen lautet: Das Vermögen ungeschmälert bis zum letzten Atemzug behalten. Für beide Arten von Erblassern gilt der gleiche Unsicherheitsfaktor:

1. Wann wird mein letztes Stündlein schlagen?
2. Dann aber auch die Gewissheit: Das letzte Hemd hat keine Taschen.

Je nach Konstellation können gute Gründe für die eine oder für die andere Verhaltensweise sprechen. Das bezieht sich einmal auf die Familien- oder Freundessituation, zum anderen aber auch auf die rechtlichen und steuerlichen Situationen der jeweiligen Alternativen.

EU-ErbVO und maßgebliches Erbrecht
Die Überlegungen über die rechtliche Situation fangen an bei der Frage, ob das deutsche oder spanische Recht für Schenkungen und Erbschaften gilt. Bei Erbschaften gilt das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers. Hat dieser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien, richtet sich die Erbfolge nach spanischem Recht. Bei sog. Grenzpendlern kann die eindeutige Bestimmung des letzten gewöhnlichen Aufenthalts mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein. Insoweit kann es sich empfehlen, in testamentarischer Form für das deutsche Erbrecht zu optieren.

Vorweggenommene Erbschaft heißt Schenkung zu Lebzeiten
Vorweggenommene Erbschaften unterliegen der Schenkungsteuer. Die meisten spanischen Autonomías differenzieren in ihrer eigenen Steuergesetzgebung zwischen Erbschaften einerseits und Schenkungen andererseits. Die Höhe der Erbschaft- und der Schenkungsteuer ist abhängig vom Näheverhältnis zum Begünstigten. Auch spielt der Wert des übergehenden Vermögens bei der jeweiligen Steuerbemessung eine wichtige Rolle. Einzelheiten sind aus den jeweiligen Steuertabellen zu entnehmen. Es kommt mithin auf den Einzelfall an. Übertragungen zu Lebzeiten, also Schenkungen, können steuerlich günstiger sein als Erbschaften, aber zumeist auch umgekehrt.

Immobilienschenkungen in Spanien
Bei Immobilienschenkungen in Spanien entstehen gleich drei Steuern:

1. Die Schenkungsteuer für den Beschenkten: Die Höhe der Schenkungssteuer richtet sich nach der verwandtschaftlichen Nähe der Parteien, nach dem Wert der Schenkung und auch nach der Autonomen Gemeinschaft, in der die Immobilie belegen ist.

2. Die gemeindliche Bodenwertzuwachssteuer (Plusvalia) für den Beschenkten: Diese leitet sich unter anderem aus dem Katasterwert des Objektes her.

3. Die Einkommensteuer bzw. Nicht-Residenten-Einkommensteuer für den Schenker, wenn dieser nicht in Spanien ansässig ist.

Der Schenker hat mithin den Wertzuwachs zwischen dem Erwerb der Immobilie bis zum Zeitpunkt der Vornahme der Schenkung zu besteuern. Maßgebliche Bemessungsgrundlage für den Wertzuwachs ist die Differenz zwischen dem in der Erwerbsurkunde angegebenen Wert und dem Wert der Schenkungsurkunde. Der Wertzuwachs wird mit 19 % Einkommensteuer belegt und kann – je nachdem, wie hoch der Wertzuwachs der Immobilien seit Erwerb gewesen ist – den größten Anteil am Gesamtsteueraufkommen ausmachen.

Steuersituation bei vererbten Spanien-Immobilien
Bei Erbschaften fällt für den Erben die Erbschaftsteuer an, zugleich aber auch die gemeindliche Bodenwertzuwachssteuer (Plusvalia). Dagegen entsteht im Rahmen der erbrechtlichen Übertragung im Hinblick auf den Tod des Erblassers für diesen keine Einkommensteuer. Dieser Faktor ist für viele Mandanten ein oft entscheidender Grund, keine lebzeitigen Übertragungen von Spanien-Immobilien vorzunehmen.

Grenzüberschreitende Schenkungen
Besonderes Augenmerk ist auf grenzüberschreitende Schenkungen zu richten. Überträgt beispielsweise ein in Deutschland ansässiger Elternteil seine Eigentumswohnung in Deutschland im Wert von 400.000,- Euro auf sein in Spanien ansässiges Kind, so ist diese Schenkung in Deutschland aufgrund des steuerlichen Freibetrags von 400.000,- Euro steuerfrei. Diese Schenkung unterliegt jedoch im Hinblick auf die unbeschränkte Steuerplicht des in Spanien lebenden Kindes der spanischen Schenkungsteuer.  Diese kann je nach Autonomía und Wert der Schenkung hoch oder niedrig sein. Wo wegen der Steuerfreiheit in Deutschland keine Steuer entsteht, kann in Spanien auch keine Steuer angerechnet werden. Die spanischen Freibeträge sind jedoch in der Regel niedriger und mit dem deutschen Niveau nicht immer vergleichbar. Deshalb sollte man vor Beurkundung einer Schenkung dringend die jeweilige spanische Steuersituation überprüfen oder überprüfen lassen, um nicht in eine Steuerfalle zu tappen.

Frankfurt am Main, im Oktober 2017

© 2024 Löber Steinmetz & García, Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB